# Sozi K12 January-27
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## Macht und Herrschaft – Differenzierungsmodi der „Gesellschaft“
### 1. Macht
- **Ausgangspunkt**:
- Macht ist gesellschaftlich eine ~={green}tabuisierte Kategorie=~, da sie dem Selbstverständnis der Moderne widerspricht, in der alle zunächst gleich sind.
- Macht-Beziehungen sind ambivalent: ~={green}Willkür oder Verantwortung=~ hinsichtlich „Untergebenen“.
- ~={red}Macht beinhaltet immer zwei Seiten: die Möglichkeit, die eigene Position zum Wohl anderer einzusetzen (Verantwortung) oder sie für egoistische Zwecke oder Unterdrückung zu missbrauchen (Willkür).=~
- Problem: Moralisierung der Macht vereinfacht und trivialisiert die Verhältnisse.
- ~={red}Machtverhältnisse auf moralische Bewertung reduziert: Komplexität wird vernachlässigt, sachliche Analyse verhindert.=~
- **Soziologische Perspektive**:
- ~={green}Ziel ist eine Versachlichung=~: ~={red}Entdämonisierung=~
- Macht ist eine ~={green}spezifische Form sozialer Beziehung=~ und ein universeller Aspekt menschlichen Handelns.
- ~={green}Macht stellt die Strukturierungsleistung=~ aller menschlichen Beziehungen dar.
- ~={green}Macht besitzt man nicht=~; sie wird ~={green}ausgeübt=~ und ist ein ~={green}Merkmal asymmetrischer sozialer Austauschbeziehungen.=~
- **Definition nach Max Weber**:
- Macht bedeutet, jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den ~={green}eigenen Willen=~ auch ~={green}gegen Widerstreben durchzusetzen=~, gleichviel worauf diese Chance beruht!
- **Zentrale Aspekte**:
- ~={green}Macht ist amorph;=~Verschiedenste Konstellationen können die Durchsetzung des eigenen Willens ermöglichen.
- ~={red}Macht als negative Freiheit: Einsatz des Eigenen Willen um auf die Freiheit eines Anderen einzuwirken=~
- Wichtige Begriffe:
- ~={green}„Wille“:=~ Der Unterlegene realisiert fremde Absichten.
- ~={green}„Widerstreben“:=~ Freiheit ist hierfür Voraussetzung.
- **3 Durchsetzungsformen in Machtbeziehungen**:
1. Androhung und Vollzug von Sanktionen (bis zu Gewalt).
2. Symbolische Anreize und Belohnungen.
3. Manipulationen zur Aufweichung des Widerstrebens.
- **Machtmethoden**:
- ~={green}1. Peitsche – 2. Zuckerbrot – 3. Glauben.=~
1. Strafmacht: Angst und Schrecken als Gehorsamsmotiv.
2. Belohnungsmacht: Intrinsische Motive ansprechen.
3. Legitimationsmacht: Überzeugung durch Umdeutung (Überreden, Überzeugen).
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### 2. Fragestellung zur Machtentstehung und Stabilisierung
- **David Hume**:
> [!quote] David Hume
> Die, die die menschlichen Angelegenheiten mit philosophischem Blick betrachten, erstaunt nichts mehr als die Leichtigkeit, mit der viele von wenigen beherrscht werden können; d.h. wie kommt es, dass sich Minderheit gegen Interessen der Mehrheit durchsetzen können?
- Philosophische Betrachtung der ~={green}Leichtigkeit, mit der viele von wenigen beherrscht=~ werden.
- Frage: Wie setzt sich eine Minderheit gegen die Interessen der Mehrheit durch?
- **Antworten**:
- ~={green}Konsens=~ durch äußere Bedrohungen.
- ~={green}Autorität=~ aufgrund fachlicher oder moralischer Überlegenheit.
- ~={green}Überlegene Gewalt:=~
- Einsatz spürbarer Mittel zur Erzwingung von Handlungen.
- Politische Gewalt: Staatsmonopol auf legitime Gewalt.
- Ideologische Gewalt: Kontrolle über Denken und Überzeugungen.
- ~={red}Vereinheitlichung der Medien in autoritären Staaten=~
- **Heinrich Popitz**:
- Stellte 3 Szenarien zur Machtbildung:
- Kreuzfahrtschiff.
- Gefangenlager.
- Jungenheim.
- ~={green}Kasernierte Vergesellschaftung=~: gleiche Voraussetzungen für alle.
- ~={red}Geschlossener sozialer Raum.
- Frage: Warum ändert sich diese Ausganssituation?=~ ^1
**Ausgangssituation:**
- Ordnung des freien und allgemeinen Gebrauchs der Liegestühle
- ~={red}Soziale Ordnung: Gebrauch der Liegestühle frei und für jeden zugänglich=~
- Wandel durch neue Passagiere
- ~={red}Sozialer Wandel: Alte Ordnung gekappt: Die wenigen der Liegestuhl Besitzer zwingt die Mehrheit auf Stühle zu verzichten=~
- **Ergebnis:**
- Ordnung des exklusiven und eingeschränkten Gebrauchs der Liegestühle
- Es entsteht aus Situation der Gleichheit die Situation der ~={green}Minderheit der Besitzer (positiv privilegiert) vs Mehrheit der Nichtbesitzer (negativ privilegiert=~
=~
- **Analyse des Machtbildungsprozesses**:
1. ~={green}Organisation der Gruppen:=~
1. ~={green}Minderheiten sind besser organisierbar:=~
1. Stellvertreter für Besitzansprüche.
2. Interessenidentität ~={red}Überzeugung gemeinsame Wünsche herzustellen möglich...=~
3. direkte Belohnungen. ~={red}...und diese sofort umzusetzen, wie durch Stellvertreter.=~
2. ~={green}Mehrheiten sind weniger organisierbar:=~
- Neuordnung offen und unklar. Methoden alte Ordnung herzustellen:
1. Alte Ordnung schwer wiederherstellbar - ~={green}Trittbrettfahrerproblem=~ ~={red}(Beispiel: Gewerkschaft A streikt. Person X denkt sich, dass sie gerne höheren Lohn will, aber denkt sich dass genug sowie schon auf den Streik gehen und sie Vorteile Schöpfen kann ohne Aufwand.)=~
1. Umerziehung
2. Ausschluss
2. Neue Ordnung etablieren? - Problem Neuverteilung
3. Belohnung der Kooperation? Vertrauensproblem ~={red}
- Da Belohnung langsamer entsteht als bei Minderheiten, schneller Vertrauensverlust=~
2. ~={green}Solidaritätsbeziehungen und Monopolisierung (Gefangenlager)=~
- Bildung von Machtzentrum
- Staffelung
3. ~={green}Androhung von Gewalt (Jugendheim)=~
- Kontrolle der knappen Ressourcen
- Ordnungswert der Ordnung
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### 3. Herrschaft
- Herrschaft ist ein Sonderfall der Macht:
- Definition: Die Chance, für einen Befehl bestimmten Inhalts Gehorsam bei Personen zu finden.
- **Kennzeichen**:
- Unterworfene zeigen ein Minimum an ~={green}Gehorchenwollen=~.
- ~={green}Herrschaftsbeziehungen sind dreiseitig=~:
- Herrscher – Stab – Unterworfene.
- ~={green}Legitimitätsglauben: =~Jede Herrschaft versucht, den Glauben an ihre Legitimität zu fördern. ~={red}Strukturierte Macht=~
> [!quote] Max Weber
> „Jede Herrschaft sucht vielmehr den Glauben an ihre Legitimität
zu erwecken und zu pflegen. Je nach der Art der beanspruchten
Legitimität aber ist auch der Typus des Gehorchens, des zu dessen
Garantie bestellten Verwaltungsstabes und der Charakter der
Ausübung der Herrschaft grundverschieden.“
- **Drei Typen legitimer Herrschaft (Max Weber)**:
1. ~={green}**Rational-legale Herrschaft**=~: Glaube an die Legalität gesetzter Ordnungen und ihrer Vertreter.
- ~={red}Dominanter Typus im Westen=~
2. ~={green}**Traditionale Herrschaft**=~: Glaube an die Heiligkeit überlieferter Traditionen.
- ~={red}Legitimität HerrscherInnen auf Tradition und Glaube an die Legitimität=~
3. ~={green}**Charismatische Herrschaft**=~: Hingabe an die Heiligkeit, Heldenkraft oder Vorbildlichkeit einer Person.
- ~={red}HerscherInnen vollbringen übermenschliche Taten, die immer wieder aufs Neue bewiesen werden -> Labil und prekärste Form, =~
- ~={red}Herrschaftskonzept Dynamisch: Kann von Rational-legaler Herrschaft (durch Wahlen) zu Charismatische Herrschaft (Diktatur) wandeln.
- Empirische Frage wie die Herrschaft zu definieren ist.=~
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### 4. Soziale Ungleichheit
- **~={red}Entstehende Differenzierung zwischen Menschen verschiedener sozialen Schichten =~**
- ~={red}Wichtiger Bestandteil der Entstehung der Soziologie als Wissenschaft=~
- **Protosoziologische Ansätze**:
- ~={green}Aristoteles: Naturbedingte Ungleichwertigkeit=~; von Natur aus Freie und Sklaven.
- ~={green}Rousseau: Natürliche Gleichheit=~ und Gleichwertigkeit von Geburt. ~={red}Ungleichheit entsteht erst später=~
- **Moderne Soziologie**:
- Ungleichheit ist ~={green}kein naturgegebenes Phänomen=~, sondern sozial erzeugt und ~={green}historisch variabel.=~
- These: Soziale Ungleichheit ist ein ~={green}historisch entstandenes Strukturmerkmal von Gesellschaften=~.
- ~={red}In allen Gesellschaften vorfindbar=~
- ~={red}Nicht unbedingt intendiert. Ungleichheit als Nebeneffekt vom Versuch Gleichheit zu erhöhen=~
- **Definitionskriterien**:
1. Privilegierung oder Benachteiligung ~={green}von Menschen durch Menschen=~ durch spezifisches Handeln.
2. Sozialer Differenzierung bedarf ~={green}sozialen Definitionsprozessen=~ um ~={green}aus Unterschiedlichkeiten=~ (Beruf, Herkunft) ~={green}soziale Ungleichheit=~ zu schaffen.
3. ~={green}Dauerhafte=~ Begünstigung oder Benachteiligung ~={green}durch gesellschaftliche Prozesse, Struktualisierung=~ der Ungleichheit
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### 5. Entstehung sozialer Ungleichheit
- Übergang von Ungleichartigkeit zu Ungleichwertigkeit:
- ~={red}Entstehende Differenzierung wird Dauerhaft=~
- Soziale Ungleichheit = ~={green}Hierarchisierende Bewertung von Gesellschaftsmitgliedern.=~
- Stabilität durch Sanktionierung von Verhaltenserwartungen.
- ~={green}Normanpassung führt zu höherer Stellung=~, wobei geltende Normen ~={green}von der Oberschicht definiert=~ werden.
- Ungleichheit ist mit Herrschaftsverhältnissen verknüpft.
- **Exkurs: Dimensionen**:
| Handlungs-/ Akteursdimension | Struktur-/Gesellschaftsdimension |
| ----------------------------- | ---------------------------------------- |
| Gesellschaftliche Position | soziale Struktur |
| _verknüpft mit_ | _garantiert Funktionsfähigkeit_ |
| Soziale Rollen | geltende Verhaltenserwartungen |
| _begründet durch_ | _abhängig/abgeleitet von_ |
| Soziale Normen | Bestehende Werte/ Kultur |
| _garantiert durch Sanktionen_ | _stabilisiert von Institutionen(gefüge)_ |
> [!xyz] gesichert und durchgesetzt durch Herrschaftsbeziehungen
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### 6. Soziale Ungleichheit als Analyseperspektive und Forschungsprogramm
- **Thema näher behandelt in nächster Vorlesung**
1. ~={green}Strukturprinzip:=~ Ungleichheit charakterisiert Sozialstruktur.
- ~={red}Ungleichheit prägt die Sozialstruktur, strukturiert Positionen und Rollen hierarchisch.=~
2. ~={green}Gruppenbildungsprinzip:=~ Gemeinsame Interessen durch Ungleichheit.
- ~={red}Menschen mit ähnlichen sozialen Status entwickeln gemeinsame Werte, Interessen und Identitäten.=~
3. ~={green}Konfliktprinzip:=~ Ungleichheit führt zu Konflikten.
- ~={red}Machtverhältnisse führen zu Spannungen zwischen Gruppen die Ihre Interessen durchsetzen wollen.=~
4. ~={green}Verhaltensprinzip:=~ Ähnliches Handeln durch Ungleichheit.
- ~={red}Vergleichbare Lebensbedingungen und Erfahrungen führen zu einer ähnlichen Prägung=~
5. ~={green}Entwicklungsprinzip:=~Ungleichheit treibt Wandel und Veränderung voran.
- ~={red}Ungleichheit stößt soziale Entwickelung und Innovation an, um bestehende Strukturen zu verändern.=~