# <mark style="background: #FF529440;">Econ101 K18 January-11</mark> Orientierungsblatt Thema 18:: Preise und Inflation. Unter anderem werden Konzepte wie Inflation und Kaufkraft behandelt. >[!Todo] > - [ ] Kapitel 18 in Principles of Economics, McDowell et al., 2012 lesen > - [ ] Vorlesungsvideos zu Kapitel 18 anschauen > - [ ] Marginal Revolution University: Measuring Inflation, Causes of Inflation und Costs of Inflation anschauen > - [ ] Übungsaufgaben zu Kapitel 18 bearbeiten > - [ ] Quiz: Alte Klausuraufgabe beantworten > - [ ] Zentrale Konzepte zusammenfassen ## <mark style="background: #FFF3A3A6;">Preise und Inflation</mark> 2 Zentrale Aggregate der Makroökonomik ![[Pasted image 20250113055647.png]] [[Volkswirtschaft]] Nominale Zahlung vergleichbar mit heutiger Kaufkraft gemacht "Vergleichbar-Machung" von Geldströmen über Zeitpunkten hinweg ### Preisindex für die Lebenshaltung CPI - Misst in jeder Periode die Kosten eines typischen Warenkorbs relativ zu den Kosten desselben Warenkorbs in einem Basisjahr ![[Pasted image 20250113055812.png]] - CPI Basisjahr immer = 1 (konstant) - CPI im Jahr 2020 = 1.25 - Lebenshaltungskosten stiegen von 2015 bis 2020 um 25% **Konstruktion des CPI (von z. B. Statistischem Bundesamt)** - 1. Basisjahr wählen (2000) - 2. Warenkorb wählen (ca. 650 Güter und Dienstleistungen) und gewichten - 3. Kosten ermitteln und die des aktuellen Jahrs mit dem des Basisjahrs vergleichen - Manuel durch Preiserhebung vor Ort in den Unternehmen $CPI = \frac{\text{Kosten des Basisjahr-Warenkorbs im aktuellen Jahr}}{\text{Kosten des Basisjahr-Warenkorbs im Basisjahr}}$ - ![[Pasted image 20250113055932.png]] Ablesbar welche individuellen Güter Preisänderungen hatten **Veränderung im Korb** Nicht gerne gesehen Sobald Korb geändert, schwieriger über Zeit hinweg diesen Korb als repräsentativen Maßstab zu deuten Beispiele für Änderungen unter drastischen Umständen: - März 2021: Office of National Statistics (UK) verändert den zur CPI-Berechnung herangezogenen Warenkorb  - 17 neue Waren, darunter Handdesinfektionsmittel, Heimtrainer, Herren-Loungewear, Hanteln, Smartwatches, WiFi-Leuchtmittel und Elektroautos - Gestrichene Waren Grund: verändertes Konsumportfolio durch Pandemiezeiten und langfristige Trends. Wichtig ist das die geänderten Produkte des Warenkorbes auch zukünftig relevant bleiben: Also dass sich das Schema nicht nur temporär ändert. Einerseits: Korb aktuell halten, anderseits Vergleichbarkeit nicht kompromittieren **Aktuelle Entwickelungen** automatisierte Preiserhebung seit 2008 in USA, 2009 DE ⇾ Echtzeitmessung der Inflation durch tägliche Erhebung der Online Preisindex, Ergänzung öffentlicher Statistiken - Realitätsnähe befreit von potenziellen Institutionellen vornahmen Scanner-Daten - Wöchentliche Absatzdaten um Fluktuationen genauer betrachten zu können - >[!Question|aside-r] >Wieso nicht den Warenkorb in möglichst breiten Kategorien anlegen, sobald ein Gut, dass zu dieser Kategorie gehört eine Preisänderung hat, wird diese automatisch einberechnet. Gewichtung berechnet sich aus $\text{P}*\text{Q}$. Integration von Kassendaten und Steuerdaten erlauben statistischen Überblick_ **Alternative Preisindizes** Index der Erzeugerpreise - Handel, Transport etc. BIP-deflator - Anpassung an die Zusammensetzung des BIP ### Summary Der **Verbraucherpreisindex (CPI)** misst die Lebenshaltungskosten, indem er die Kosten eines typischen Warenkorbs relativ zu einem Basisjahr vergleicht. Änderungen des CPI zeigen, wie sich die Lebenshaltungskosten entwickeln (z. B. +25 % von 2015 bis 2020 bei einem CPI von 1,25). Der Warenkorb umfasst ca. 650 Güter und Dienstleistungen und wird gewichtet. Änderungen am Warenkorb sind notwendig, um neue Konsumgewohnheiten abzubilden (z. B. Elektroautos, Heimtrainer), erschweren jedoch die Vergleichbarkeit über Zeit. Seit 2008/2009 werden automatisierte Preiserhebungen für genauere und zeitnahe Berechnungen genutzt. Alternative Indizes wie der **Index der Erzeugerpreise** oder der **BIP-Deflator** fokussieren auf andere wirtschaftliche Aspekte, bieten aber keine direkte Messung der Lebenshaltungskosten. --- ## <mark style="background: #FFF3A3A6;">Inflation</mark> CPI misst das durchschnittliche **Niveau** der Preise relativ zum Basisjahr Inflation misst wie schnell sich das durchschnittliche Preisniveau **ändert** #### Inflationsrate Jährliche Veränderung PN in Prozent - Typisch monatlich im Vergleich mit dem Vorjahresmonat ![[Pasted image 20250113060046.png]] Preise in Dezember 2020 -0.3 % höher als Dezember 2019 Preise in Dezember 2021 5.3 % höher als Dezember 2020 ⇾ CPI um jeweils -0.3 % und 5.3 % gestiegen ![[Pasted image 20250113060116.png]] Dynamische Entwickelung mit Hintergrund des Vorjahresmonats - Beispiel hierfür Ukraine Krieg - Einmaliger Preisschock hebt Inflation stark an - Höheres Preisniveau erstellt sich - Preistreiber eingedämmt und Preisinflation legt sich wieder ![[Pasted image 20250113060139.png]] Anstieg 2022 auf 7% Anstieg durch Lieferkettenstörung und Pandemie-Effekte, Schock durch Ukrainekrieg **Berechnug der Inflation** ![[Pasted image 20250113060202.png]] Basisjahr per Definition 1.0 , Basisjahr hier also in der Zukunft, da Preise immer steigen müssen, aber: **Deflation** Phase in der Preise der meisten Güter und Dienstleistungen fallen ⇾ Negative Inflationsrate ### Summary Der **CPI (Consumer Price Index)** misst das durchschnittliche **Niveau** der Preise relativ zu einem Basisjahr, während die **Inflation** die Geschwindigkeit angibt, mit der sich dieses Preisniveau ändert. Die **Inflationsrate** beschreibt die jährliche prozentuale Veränderung des Preisniveaus, häufig im Vergleich zum Vorjahresmonat. Beispiel: Im Dezember 2020 lagen die Preise 0,3 % niedriger als im Dezember 2019, und im Dezember 2021 waren sie 5,3 % höher als im Vorjahresmonat. Diese Veränderungen spiegeln sich im CPI wider. **Dynamische Inflation** entsteht durch externe Schocks, wie den Ukraine-Krieg (2022), der die Inflation auf 7 % steigen ließ, bedingt durch Lieferkettenstörungen, Pandemieeffekte und Energiepreissteigerungen. Solche Schocks erhöhen das Preisniveau, während sich die Inflation nach Eindämmung der Preistreiber stabilisiert. In Phasen von **Deflation** hingegen fallen die Preise der meisten Güter und Dienstleistungen, was eine negative Inflationsrate bedeutet. ## <mark style="background: #FFF3A3A6;">Deflationierung</mark> Was sind die Realen Kaufkraftentwickelungen? Nominale Größe (gemessen zu den aktuellen Preisen) und Reale Größe (gemessen in physischen Einheiten bzw. zu den Preisen eines Basisjahrs) $\text{Reale Größe}=\frac{\text{Nominale Größe}}{\text{Preisindex}}$ Also z. B. Reallohn: $\text{Reallohn}=\frac{\text{Nominallohn}}{\text{CPI}}$ Prozess der Umwandelung einer Nominalen Größe zu einer Realen, durch die Division der nominalen Größe durch einen Preisindex **Deutung der realen Größe** ![[Pasted image 20250113060220.png]] Auf den ersten Blick: Steigerung des (Nominalen) Lohnes erhöht Kaufkraft des Arbeitnehmers, aber: Wert des "CPI-Warenkorbes" auch gestiegen! -> Resultat: Niedrigeres Realeinkommen als Basisjahr - Realeinkommen im Jahr $H+X$ ist eine Darstellung des Wert des jetzigen Einkommens im Basisjahr $H_0$ Realeinkommen zeigt Lohn-Trends in verschiedenen Sektoren über lange Zeitspannen ![[Pasted image 20250113060239.png]] Berücksichtigung der Kaufkraft verändert unsere Beurteilung der Lebenssituation von verschiedenen Teilen der Bevölkerung ![[Pasted image 20250113060258.png]] 1.Nominal 2.CPI 3.Real Beziehungen: [[Nominallohn|NL]] steigt + CPI sinkt = [[Reallohn|RL]] wächst stärker NL sinkt + CPI steigt = RL sinkt stärker CPI flach = synchroner Wachstum RL und NL ![[Pasted image 20250113060320.png]] Entwickelung Industriearbeitern in DE e- > [!Question|aside-r] > _Nominallohn und CPI steigt kaum: aber ist nicht die Zusammensetzung des Warenkorbs bestimmend um Lebensqualität? Also Güter von höherer Qualität oder Funktionalität erhöhen die Qualität des Warenkorbs: Deutung Langzeit: Mit demselben Einkommen erhält man höhere Lebensqualität: BSP PC: PC vor 20 Jahren gleicher CPI, aber 20 Jahre später technisch unvergleichbar._ Nominalzins: - Die angebotene Rate Realzins - Nominalzins minus Inflationsrate $r=i-\pi$ Enge Korrelation ([[Fisher Effekt]]): Hoher Nominalzins = hohe Inflation ### Summary --- ## <mark style="background: #FFF3A3A6;">Herausforderungen</mark> Ist der gewählte Index auch eine gute Repräsentierung der echten Inflation? Schätzung: CPI überschätzt wahre Inflation bis zu 3 % jährlich Übertreibung führt auch zu folgenden Fehleinschätzung - Indizierte Verträge - Indizierte Sozialleistungen - "kalte" Progression der Steuern, bei denen wegen CPI Fehleinschätzung immer mehr Einkommen in höhere Steuerklassen fallen, obwohl Kaufkraft sich nicht gebessert hat %%^e84770%% 4 Gründe für überschätzte Inflationsrate 1. **Quality adjustment bias**: Verzerrung durch Qualitätsanpassungen, erhöhte Kaufkraft durch erhöhte Qualität - PC heute qualitativer als vor 30 Jahren 2. Retail channel bias (Goolsbee and Klenow 2018) - Inflation im Internet Handel deutlich anders als im traditionellen Handel ![[Pasted image 20250113060340.png]] - > [!Question|aside-r] > Wieso nicht einfach breiter angehen? Breitere Kategorien erlauben neuen Produkten leichten Zugang und verschwundene Produkte ändern % Zusammensetzung wenig. 3. New product bias (Goolsbee and Klenow 2018) Konstanter Warenkorb kann diese schnelle Evolution nicht einfangen - Etwa die Hälfte des Umsatzes im Online-Handel ist für Produkte, die ein Jahr zuvor nicht existierten. - 24 % des Umsatzes kommt von Produkten, die nächstes Jahr nicht mehr auf dem Markt sind. - Inflations-reduzierender Impact ca. 1.5-2.5 % 4. Substitution Bias: Verzerrung durch Substitution | | 2015 P | 2020 P | ------------ | ---- | -------------------- | | Kaffee (Q50) | €50 | _€2_* 50 = €100 | | Tee (Q50) | €50 | _€1_ * 50 = 100 | | Kekse (Q100) | €100 | _€1,50_ * 100 = €150 | | Gesamt | €200 | €300 | - Hieraus würde sich eine Inflationsrate von 50% ergeben Aber: Haushalte reagieren auf Preisänderungen ([[Regel des rationalen Ausgabeverhaltens]]) -> Substitution von Kaffee mit Tee | Substitute | Ausgaben | | ------------ | ---- | | Kaffee (0 * €2) | €0 | | Tee (100 * €1) | €100 | | Kekse (100 * €1,50) | €150 | | Gesamt | €250 | Haushalt halbiert die Inflation auf 25 % - Warenkorb des CPI bevorzugt konstante Zusammensetzung für Vergleichbarkeit über Jahren Extremform des Substitution Bias: - Gratis Dienstleistungen (Brynjolfsson, Collis & Eggers 2019) - Digitale Dienste wie Facebook, WhatsApp, Instagram etc. Verdrängen bisherige kostenpflichtige Dienstleistungen (Festnetz, Mobiltelefonie, Briefverkehr), Kosten selbst nichts - Wert Dienstleistungen Facebook Medianverbraucher: $48 pro Monat - Kaufkraft der Haushalte steigt, wird nicht im CPI abgebildet ### Summary Der Verbraucherpreisindex (CPI) überschätzt häufig die tatsächliche Inflation, teils um bis zu 3 % jährlich. Dies führt zu Fehleinschätzungen wie überhöhten Anpassungen indizierter Verträge, Sozialleistungen und einer stärkeren kalten Progression, bei der Steuerzahler belastet werden, obwohl ihre Kaufkraft nicht gestiegen ist. Hauptgründe für die Überschätzung: 1. **Quality Adjustment Bias**: Verbesserte Qualität von Produkten (z. B. PCs) wird unzureichend berücksichtigt. 2. **Retail Channel Bias**: Der Onlinehandel senkt durch neue Produkte und Preistransparenz die Inflation um 1,5–2,5 %, wird jedoch nicht vollständig erfasst. 3. **New Product Bias**: Der konstante Warenkorb des CPI kann die schnelle Produktentwicklung und -substitution nicht abbilden. 4. **Substitution Bias**: Verbraucher reagieren auf Preisänderungen, indem sie teurere Produkte durch günstigere ersetzen, was die reale Inflation mindert. Zusätzlich erfassen kostenlose digitale Dienste (z. B. Facebook, WhatsApp) steigende Kaufkraft nicht, da sie im CPI nicht berücksichtigt werden. Diese Verzerrungen zeigen die Grenzen des CPI als präzises --- ## <mark style="background: #FFF3A3A6;">Aspekte: Sorgen und Hyperinflation</mark> Änderung nur bei "Schleier des Geldes", die durch Zins/ Lohnanpassungen ausbalancierbar ist - >[!Question|aside-r] > Inflation gut wegen Motivation zur Bewegung von Geld durch Investition. Aber auch, weil Langzeitfolgen niedriger Inflation (0-2 %) schwer Inflation anzukurbeln Aber Inflation oft unerwartet und hoch, sofortige Ausgleichung nicht möglich - “Schuhsohlenkosten” - Kosten, die dadurch entstehen, dass Leute in Zeiten hoher Inflation ihre Bargeldbestände klein wie möglich halten. Entnommenes Bargeld schafft keine Zinsen, der Wert dieses Bargeldes sinkt relativ zu den Güterpreisen durch hohe Inflation - ohne Inflation: 1 x zur Bank, mit hoher Inflation: gehe jede Woche, mit Hyperinflation: sogar mehrmals täglich? - Unerwartete Inflation: Sand im Getriebe des Preissystems - Preise mit großer [[allokativen Funktion]] - Inflation reduziert die Information, die durch Preise vermittelt wird und vermindert damit die Effizienz der Märkte - “Speisekarten-Kosten” (menu cost) - Kataloge, Preislisten müssen ständig angepasst werden - Verzerrungen im Steuersystem - Nominale Freibeträge die Kaufkraft stellen sollen werden reduziert - Progression setzt früher ein ([[#^e84770| „kalte“ Progression]]– fiscal drag) - Einkommenssteuer auf Nominalzinssätze (obwohl Einkommen eigentlich nur Realzins) - Unerwartete Umverteilung von Arbeitern zu Arbeitgebern, (wenn Löhne nicht indexiert), von Gläubigern zu Schuldnern von Krediten - Langfristige Planungen wie Altersvorsorge oder Investitionsentscheidungen von Unternehmen erschwert #### Hyperinflation Unkontrollierte massive Preiserhöhungen von monatlicher Inflation über 50 % Auswirkungen: - ‘Anecdotal evidence‘ wie Deutschland: ‚Death of the middle class‘ der Hyperinflation Weimarer Republik prägt die Inflations-Renitenz - Studie von Fischer, Sahay und Vegh: 45 Episoden von hoher Inflation (>100 %) in 25 Ländern (1960 – 96) - Reales BIP pro Kopf fiel im Schnitt um 1,6%/Jahr Hyperinflation kann auch der realen Wirtschaft hohen Schaden zufügen, obwohl es eigentlich nur eine Erhöhung der Preise ist ### Summary Inflation, besonders unerwartete und hohe Inflation, bringt zahlreiche wirtschaftliche Kosten und Verzerrungen mit sich. **Schuhsohlenkosten** entstehen, da Menschen häufiger Bargeld abheben, um dessen Wertverlust zu minimieren, was Zeit- und Transaktionskosten erhöht. **Preise verlieren ihre allokative Funktion**, wodurch die Effizienz der Märkte leidet. **Speisekartenkosten** treten auf, da Unternehmen Preislisten und Kataloge ständig anpassen müssen. Im Steuersystem führt Inflation zu **Verzerrungen**, wie der kalten Progression, bei der höhere Steuerlasten anfallen, obwohl die Kaufkraft nicht steigt. Nominalzinsbesteuerung belastet Einkommen, das real unverändert bleibt. Zudem kommt es zu **Umverteilungseffekten**, z. B. von Arbeitnehmern zu Arbeitgebern (bei nicht indexierten Löhnen) oder von Gläubigern zu Schuldnern (durch Entwertung von Krediten). Langfristige Planungen, wie Altersvorsorge und Investitionen, werden erschwert. **Hyperinflation** (monatliche Inflation > 50 %) zerstört das Vertrauen in die Währung und schadet der realen Wirtschaft erheblich. In historischen Beispielen, wie der Weimarer Republik, traf sie vor allem die Mittelschicht. Studien zeigen, dass während Hyperinflationsphasen das reale BIP pro Kopf durchschnittlich um 1,6 % pro Jahr sinkt, was die gravierenden Folgen solcher Preissteigerungen verdeutlicht.